An einem schwülen Julinachmittag steht Chappell Roan in der Nähe der Türen einer U-Bahn, ihr feuerrotes Haar umrahmt ihr blasses Gesicht. Doch die 27-jährige Popstar – geboren als Kayleigh Rose Amstutz – ist nicht zwischen New Yorks Pendler:innen eingequetscht. Stattdessen hat sie einen außer Dienst gestellten U-Bahn-Wagen im New York Transit Museum in einen stroblitzdurchfluteten Club verwandelt, um das Musikvideo zu ihrem neuesten Song *The Subway* zu drehen.

Seit sie den Song letztes Jahr beim Governors Ball präsentierte, haben Fans um eine Studioversion gebettelt. Roan wollte *The Subway* ursprünglich im April veröffentlichen, verschob ihn dann auf Juni, dann auf Juli. Als er letzten Donnerstag endlich erschien, schoss er auf Platz eins der globalen Spotify-Charts und wurde der meistgestreamte Debütsong einer Künstlerin in diesem Jahr.

*„Ich war einfach noch nicht bereit, ihn rauszubringen“*, gibt Roan in ihrem Trailer zu. *„Es war zu schmerzhaft. Ich war zu wütend und verängstigt – wegen meines Lebens –, um ihn zu veröffentlichen.“* Doch jetzt ist sie bereit.

*The Subway* fängt das nervöse Adrenalin ein, wenn man einem Ex über den Weg läuft. *„Ich konnte diese eine Person einfach nicht vergessen“*, sagt Roan, während ihr Glam-Team ihr Haar flechtet und ihre Wangen mit Rosa betupft. *„Beim Schreiben habe ich mir immer wieder gesagt: ‚Es ist vorbei, es ist vorbei.‘ Aber die Gefühle waren immer noch da.“*

Der Song, den sie mit Produzent Daniel Nigro schrieb, war eine kreative Herausforderung. Roan vergleicht ihn mit ihrem früheren Hit *Casual* – sowohl thematisch (jemanden begehren, der sich nicht binden will) als auch wegen des mühsamen Prozesses. *„Es hat ewig gedauert, bis er richtig war“*, sagt sie.

Auch das Musikvideo war anstrengend. *„Ich habe jahrelang keins gedreht, weil sie so anstrengend sind – manchmal sogar traumatisch“*, gesteht sie. Nach der Veröffentlichung von *Good Luck, Babe!* und *The Giver* Anfang des Jahres fehlte ihr die Energie für Visuals. *„Es ist eine Liebesmüh, und ich war mir nicht sicher, ob ich diese Liebe noch geben konnte.“*

Doch *The Subway* war anders. Roan stellte sich ein campiges New York-Abenteuer vor, bei dem sie einen grünhaarigen, Cousin It-ähnlichen Herzensbrecher durch die Stadt jagt. *„Ich wollte nicht, dass es zu ernst wird“*, sagt sie. *„Der Song ist emotional, aber auch nicht – ich sage ja wortwörtlich: ‚Fick diese Stadt, ich ziehe nach Saskatchewan.‘“*

Am Tag nach den Dreharbeiten im Museum entdeckten Fans Roan auf einer Manhattaner Feuertreppe, ihr Haar wie bei Rapunzel herunterwallend. Clips, in denen sie den Song mimt, gingen viral, ebenso wie Fotos, auf denen sie – zuerst mit den Haaren – von einem Taxi weggezogen wird. (*„Mit diesen Haaren kann ich mich nicht verstecken“*, lacht sie. *„Ich habe schon über Schneiden oder Färben nachgedacht, aber sie sind Teil meiner Marke.“*)

Während ihr Grammy-prämiertes Debüt *The Rise and Fall of a Midwest Princess* noch immer für Gesprächsstoff sorgt, spekulieren Fans bereits über ihr nächstes Projekt – nicht zuletzt wegen ihrer aktuellen Obsession mit Drachen, Rittern und mittelalterlichen Motiven, die sogar im Lyric-Video zu *The Giver* auftauchen.

---

Ein DVD-Menü scrollt an Titeln wie *To Be Yours* und *Read & Make Out* vorbei. Doch Roan klärt auf: *„Das zweite Projekt existiert noch nicht. Es gibt kein Album, keine Sammlung von Songs.“*

*„Das erste Album hat fünf Jahre gedauert, und das nächste wird wahrscheinlich mindestens genauso lange brauchen“*, fährt sie fort. *„Ich bin nicht die Art von Songwriterin, die schnell etwas aus dem Ärmel schütteln kann.“* Roan glaubt auch nicht daran, Kreativität zu erzwingen. *„Ich mache keine gute Musik, wenn ich mich unter Druck setze“*, sagt sie. *„Manchmal lese ich Kommentare wie: ‚Sie ist überall, nur nicht im verdammten Studio.‘ Aber selbst wenn ich zwölf Stunden am Tag im Studio verbringen würde, hieße das nicht, dass ein Album schneller fertig wird.“*

Mittlerweile loggt sich Roan nur noch bei Instagram ein, um etwas zu posten, und löscht die App sofort wieder. *„Soziale Medien sind schrecklich für mich und meine Kunst“*, gesteht sie. *„Ich ziehe mir das nicht mehr an.“* Sie ist gespannt, wie sich ihre Arbeit ohne Online-Einflüsse entwickelt. *„Ich habe noch nie ein Album ohne Instagram geschrieben“*, sagt sie. *„Diesmal gehört der Prozess ganz mir – kein TikTok-Publikum bekommt einen Einblick.“*

Außerdem gibt es im echten Leben genug zu erleben. Seit Kurzem lebt Roan mit ihrer besten Freundin und Creative Director Ramisha Sattar in New York. *„Ich musste einfach wissen, wie es ist, in den Zwanzigern in New York zu leben – alle reden davon“*, sagt sie. Sie liebt es, die kulinarische Szene zu erkunden und mit dem Fahrrad durch die Stadt zu fahren (*„mein absolutes Lieblingsding“*), doch selbst Popstars bleiben vor New Yorks harter Liebe nicht verschont. *„Die Stadt macht genau das, was sie am besten kann – sie tritt mir in den Arsch“*, scherzt sie, während ihr Team zustimmend nickt.

Trotzdem blickt Roan hoffnungsvoll in die Zukunft, auch auf ihre bevorstehenden Pop-up-Shows in New York, Los Angeles und Kansas City diesen Herbst. *„Dieses Tempo fühlt sich richtig an – machbar und gut“*, sagt sie. *„Zum ersten Mal seit über einem Jahr freue ich mich tatsächlich darauf, zur Arbeit zu gehen und meinen Job zu machen.“*

*(Foto: Ragan Henderson)*