Wie feiert man einen Meilenstein?
Zum 20-jährigen Jubiläum von Our Legacy entschied sich Creative Director Cristopher Nying und sein Team für Reflexion statt Nostalgie. Die Frühjahr/Sommer 2026-Kollektion mit dem Titel B-Sides fängt den jugendlichen Geist der Marke ein – immer noch etwas rau, aber gleichzeitig ausgefeilter denn je. Wie ihre musikalische Inspiration vereint die Kollektion analoge und digitale Einflüsse, ähnlich dem Kontrast zwischen Kassettentapes und digitalen Audiodateien.
Anstatt ein aufwendiges Jubiläumsevent zu veranstalten, steckte Nying seine Energie in das, was er am meisten liebt: die Herstellung von Textilien und das Design von Kleidung. Die haptische Qualität der Kollektion zeigt sich in ihren Beschreibungen – Stoffe werden gewaschen, gewachst, getaucht, gesprenkelt, sind grob, weich, abgenutzt, ölig, glasiert und tief. Die Farbpalette umfasst unzählige Schwarztöne (Leere, Ruß, Whisker, tiefe Finsternis, Jet) neben Khaki, Bordeaux und Violett.
Nying beschrieb die Saison als einen "internen Prozess", voller Insider-Witze – wie der Angry Fan Mail-Print, basierend auf echten Briefen, die die Marke über die Jahre erhielt. Der Schnitt bleibt die Grundlage, sei es präzise und technisch oder weich und dekonstruiert, mit Anklängen an Biker- und Militärstile. Ein Highlight bezieht sich auf das erste Vintage-Teil, das Nying je kaufte: schwedische Militär-Overalls, neu interpretiert als Our Legacy-Jacke.
Die Herren- und Damenmode wirkt harmonischer denn je. Eine strukturierte Uniformjacke erhält eine feminine Note, während ein dezenter Rückschlitz – typisch für Damenmode – bei der Herrenversion auftaucht. Spitzen-Details mildern militärisch inspirierte Looks, und ein kühnes Camouflage-Intarsia wirkt eher punkig als militant. Die Kollektion greift auch vergangene Erfolge mit frischen Updates auf, wie den Tuxedo-Bomber oder den Angel of Death-Print aus dem Debütjahr 2005. Neue Materialien wie ein irisierender Strick kommen erstmals zum Einsatz – ein Beweis dafür, dass, wie Nying es ausdrückt, "etwas im Wandel ist".
Dieser Gedanke der Verwandlung spiegelt sich im Konzept der "Verfremdung" wider, das subtil in der Kollektion erkundet wird. Dieselbe Farbe oder dasselbe Muster nimmt je nach Stoff unterschiedliche Qualitäten an, was zu unerwarteten Lilatönen führt. Nichts wirkt aufgesetzt – stattdessen werden Materialien neu erfunden: Nylon imitiert geprägtes Canvas, und bedruckte Jeans sehen aus wie klassische Denim. Technische Stoffe mischen sich mit Naturfasern, etwa bei einem Trenchcoat mit fließendem Futter. Selbst ein gothischer schwarzer Mesh-Regenmantel spielt mit Funktionalität.
Trotz skelettierter Engel und robustem schwarzem Leder strahlt die Kollektion eine gewisse Weichheit aus. Auf die Frage, wie sie als Musik klingen würde, verglich Nying sie mit einer Garage-Band, die "etwas ausgereifter ist, als hätten wir uns ein besseres Studio leisten können. Vielleicht Sonic Death zu Sonic Youth." So oder so fühlt sich diese Kollektion wie ein unpluggedes Konzert an – roh, ehrlich und der Beweis, dass Our Legacy kein Auto-Tuning braucht.