MM6 hat ein Händchen dafür, vertraute Designs auf unerwartete Weise zu verändern – von innen nach außen, auf den Kopf gestellt oder seitlich – und diese Saison bildet da keine Ausnahme. Für seine Frühjahr 2026 Avant-Première-Kollektion bleibt die Marke ihren experimentellen Wurzeln treu, während sie neue Ansätze der Abstraktion erkundet. Etiketten und Futter werden auf Mänteln und Hemden sichtbar, ausgewaschene Jeans erhält ein luxuriöses Peacoat-Makeover, und Strickwaren wirken, als wären sie frisch vom Webstuhl gezogen, mit losen Fäden, die noch herabbaumeln. Selbst hochwertige Materialien wie Leder werden zerknittert wie eine zerknüllte Papiertüte aus dem Tante-Emma-Laden.

Abgesehen von einigen mutig gebrandeten Teilen – wie einem luftigen eisblauen Kleid mit tonaler Beschriftung – ist diese Kollektion voller intelligenter, tragbarer und äußerst begehrenswerter Stücke. Ein Highlight ist ein umkehrbarer Trenchcoat, der auf zwei Arten getragen werden kann: einmal dramatisch, das andere Mal trügerisch klassisch, komplett mit einem Jersey-Gürtel, der auch als Handschuhe dient – verstellbar für einen schlanken oder strukturierten Look. Langjährige Margiela-Fans werden einen spielerischen Verweis auf die Laufstegshow des Brands aus dem Frühjahr 2000 erkennen, bei der Strumpfhosen als Gürtel wiederverwendet wurden. Hier taucht das Handschuh-Motiv wieder auf und findet sogar seinen Weg auf die Numeric-Tasche.

Derselbe spontane Geist durchzieht die Kollektion, die mit mühelosen Basics gefüllt ist. Klassiker der Herrenmode erhalten subtile Updates in Textur, Schnitt und Fall – wie Trenchcoats und Peacoats mit weich gerafften Ärmeln oder ein weißes Button-down-Hemd, das mit einem Sprenkler aus Sprühfarbe einen DIY-Touch erhält. Archetypen werden aus der Popkultur entlehnt – man stelle sich einen Hollywood-Herzensbrecher vor, der an einer Tankstelle arbeitet – und erhalten eine sexy, abgenutzte Note mit hochgekrempelten Ärmeln, lässigen Jeans oder Anzugdetails, wo man sie am wenigsten erwartet.

Für Frauen laden die besten Teile zum persönlichen Styling ein. Slipkleider können lang getragen werden, mit dem Oberteil zu einem mehrlagigen Rock umgeschlagen oder der Saum als Top hochgerafft. Selbst die Ärmel-Überschuss-Designs, wenn auch unkonventionell, haben eine unbestreitbare Haltung, die MM6-Fans lieben werden. Und ein Comeback feiert ein glitzerndes Disco-Ball-Kleid – weniger ein Outfit, eher ein tragbarer Insider-Witz.

Das ist die Magie von MM6: Es nimmt eine Idee und verwandelt sie in etwas völlig Neues. Der Weg ist genauso wichtig wie das Ziel, und mit Tabi-inspirierten Ballettflachen oder klobigen Oxfords mit quadratischer Spitze hat man die perfekten Schuhe für die Reise.