Bevor Stefano Gallici – noch unter 30 – 2023 die Leitung bei Ann Demeulemeester übernahm, begann er mit einem kurzen Praktikum bei Haider Ackermann in Antwerpen. Das Schicksal schien ihn dorthin zu führen. Nun tritt er in das Erbe der ikonischen Designerin der Antwerp Six ein und führt ihre poetische, avantgardistische Eleganz aus den 90ern fort. Demeulemeesters Arbeit war nie nur Kleidung – es war ein Gefühl, ein Klang. Durch ihre Verbindung zu Patti Smith fing sie einen rohen, androgynen Minimalismus mit musikalischem Einschlag ein. Gallici versteht das – sein freigeistiger, bohemehafter Stil schwingt mit der Energie der heutigen Musikszene. Manche sagen, er und Demeulemeester würden sogar Playlists austauschen.
Gallici ist intellektuell und lässig cool, zitiert Kerouac und romantisiert die Literatur der Westküste. Er hat die Vergangenheit studiert, lässt sich aber nicht von ihr einengen – respektvoll gegenüber den Archiven, aber ohne Angst, seine eigene Spur zu hinterlassen. Die Zukunft liegt offen vor ihm, und er hat das Selbstvertrauen, sie zu gestalten. Die schlanken Dreiteiler, die Demeulemeesters Erbe prägten, werden nicht kopiert, sondern neu interpretiert. Seine Silhouetten bleiben schmal und geschichtet, aber mit schärferer Struktur – kontrolliert, doch ungezügelt. Die Schnitte sind leicht oversized, aber präzise; Schwarz und Weiß dominieren weiter, aufgehellt durch gedämpfte Töne von Salbeigrün, Blassrosa und Beige. Devoré-Velours verleiht Romantik, während Denim, Bomber, Varsity-Jacken und Biker-Stile die Kollektion abrunden – eine Garderobe für die kreativen Kreise, in denen er sich bewegt.
„Für Ann war es der Puls des New Yorks der späten 70er – CBGB, Max’s Kansas City, dieser Downtown-Edge“, sagt Gallici. „Für mich ist es die Westküste – die Beats, San Francisco, Morrison, Ginsberg, Neal Cassady. Das ist meine Sprache.“ Er spielt eindeutig seine eigene Melodie.